Auf den Spuren des „NICHT“-zuckerns
Am 21. Juli 2021 fand im Rahmen des Kultursommers von Wr. Neustadt und in Zusammenarbeit mit der Bibliothek im Zentrum am FH-City Campus ein Abendprogramm zum Thema Nachhaltigkeit statt.
Neben zwei weiteren Projekten, war auch ich eingeladen, einen Workshop zum Thema gesunde Ernährung abzuhalten. Für mich war das Thema des Workshops von Anfang an klar – wir packen die Lupe aus und begeben uns auf die Spuren des „NICHT“-zuckerns (**Wissenswertes zu diesem Wort, kannst du am Ende des Blogs finden).
Denn über das Thema Zucker habe ich ausführlich in meiner wissenschaftlichen Diplomarbeit zur Ernährungstrainerin recherchiert und geschrieben, somit lag es Nahe, dieses Herzensthema in diesem Rahmen zu vermitteln. Ich persönlich ernähre mich seit dieser Ausbildung sehr bewusst und möglichst Zucker“frei“(***warum ich frei unter Anführungszeichen setze, kannst du am Ende vom Blog lesen).
Short Facts
Gesüßte Getränke, Naschereien oder in versteckter Form in vielen Lebensmittel, ergeben in unserer Ernährung einen übermäßigen Konsum von Zucker.
Im Durchschnitt konsumieren wir in Österreich viermal so viel Zucker, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen wird. (1) Im Jahr 2019/20 konsumierten Österreicherinnen und Österreicher durchschnittlich 33 Kilogramm Zucker (2).
Die Folgen sind fatal.
Immer mehr Menschen leiden unter anderem an Übergewicht, Diabetes 2 und Herzkreislauferkrankungen. Während Ärzte Alarm schlagen, versucht die Zuckerindustrie mit immer neuen Werbemitteln ihre Produkte an die Konsumenten zu bringen.
Dies kommt nicht von ungefähr, denn wirft man einen Blick auf unsere heutige Ernährungsweise und vergleicht diese mit unseren Vorfahren, bemerkt man gewiss, dass sich diese extrem verändert hat. Viele Menschen ernähren sich von Fertigprodukten und essen kaum noch echte Lebensmittel.
Das Problem dabei ist, dass unsere Körperfunktionen seit damals sich nicht wirklich verändert haben.
Der arme Körper ist mit dieser Flut an Zucker und Fremdstoffen überfordert und reagiert teilweise mit Insulinresistenz und Krankheitsbildern.
Desweiteren hat Zucker Einfluss auf unser Gehirn und Hormonsystem – hier im speziellen Glucose. Essen wir Zucker, schüttet unser Körper das Hormon Dopamin aus, dass beruhigend und entspannend wirkt. Deshalb warnen immer mehr Experten, dass Zucker abhängig machen kann oder bezeichnen ihn gar als Gift oder Droge. Ein Verzicht auf diesen fällt in den meisten Fällen extrem schwer, denn er spricht unser Belohnungssystem an.
Wie Zucker in unserem Körper wirkt und welche Unterschiede es bei den verschiedenen Zuckerarten gibt, werde ich in einem anderen Blogbeitrag beschreiben. Hier geht es jetzt darum dir effektive und einfache Tools in die Hand zu geben, um den Zucker in industriell hergestellten Produkten aufzuspüren.
Pack die Lupe aus –
werde Zuckerdetektiv:in
Um den zugesetzten Zucker zu entlarven, bedarf es lediglich einen Blick auf die Inhaltsstoffangaben am Etikett.
Jedoch sind die meisten Menschen heutzutage, damit schon überfordert.
Im Workshop habe ich den Teilnehmer:innen in einfachen Schritten erklärt, worauf zu achten ist um nicht in die Zuckerfalle zu tappen.
Dies möchte ich hier für dich nochmals schriftlich festhalten.
1. Suche nach Wörter die auf „ose“ enden
Wenn du auf Lebensmitteletiketten Inhaltsstoffe entdeckst, welche auf –ose enden, kannst du davon ausgehen, dass es sich dabei um Zucker handelt: Saccharose, Maltose, Dextrose, Galaktose, Fruktose, Glukose, Laktose, Glukose–Fruktose–Sirup, und viele mehr (uvm).
Aber es gibt auch zahlreiche Zutaten, die nicht auf -ose enden und trotzdem Zucker sind: Zuckerrohrsaft, Dextrine, Maltodextrin, Maltodextrin–Dextrane, Gerstenmalz, Rübenzucker, Maissirup, Johannisbrotsaft, Malzsirup, Diastase, diastatisches Malz, Fruchtsaft, konzentrierter Fruchtsaft, Goldsaft, Melasse, uvm.
2. Achte auf die Gesamtzuckermenge
Die meisten industriell gefertigten Lebensmittel haben auf der Rückseite oder an der Verpackungsseite ein Etikett. Die Lebensmitteletiketten in Europa geben zurzeit nur die in den Produkten enthaltenen GESAMTZUCKERMENGE an, ohne eine Aufschlüsselung von natürlichem Zucker und Zuckerzusatz.
Generell kann man sagen, dass 4 g Zucker = 1 Zuckerwürfel sind. Das steht auch auf der Verpackung eines bekannten Wiener Zuckerunternehmens. Das bedeutet für uns, wir sehen uns die Kohlenhydrate und davon den Zucker–Anteil auf dem Etikett an.
Teilt man diesen Zucker-Anteil durch vier, hat man den ungefähren Gesamtzucker in Zuckerwürfel.
Wenn du es ganz genau machen möchtest, kannst du bei Milchprodukten für die darin enthaltene Laktose (Milchzucker) einen Zuckerwürfel abziehen und bei Produkten mit Ballaststoffen (Futter für unsere guten Darmbakterien), kann auch dieser Anteil Minus gerechnet werden.
3. Achte auf die Reihenfolge der Inhaltsstoffe
Die zuerst genannten Inhaltsstoffe auf dem Etikett, sind die wichtigsten. Wenn sich Zucker unter den ersten drei Inhaltsstoffen befindet, wäre es ratsam dieses Produkt wieder ins Regal zurückstellen.
Allgemein kann man sagen, dass ein
Zuckergehalt über 16 g = 4 Stück Zuckerwürfel stark erhöht ist.
Bei 15 – 20 g ist der Wert vom Zuckeranteil hoch.
Bei unter 5 g ist der Zuckergehalt schwach und man kann bedenkenlos zugreifen.
Zucker befindet sich in fast allen veränderten Lebensmitteln, sodass du eigentlich alle Etiketten prüfen solltest, nicht nur die von Kuchen und Keksen. Wenn du das öfters übst, dann weißt du schon bald auswendig, welche Produkte du im Regal am besten stehen lässt und welche in deinen Einkaufskorb wandern können.
1 kg Brot kann bis zu 10 g Zucker enthalten, dasselbe gilt auch für Soßen und Fertiggerichte. Die meisten Müslis enthalten mindestens 20 g Zucker pro 100 g!
Bildergalerie vom Workshop
„Auf den Spuren des NICHT-zuckerns“
Wir haben gemeinsam den Zuckeranteil der Lebensmittel und Süßwaren errechnet und danach die Anzahl des Zuckers anhand von Zuckerwürfel dargestellt. Die Teilnehmer:innen des Workshops waren sprachlos angesichts der Menge des Zuckers, denn wenn man bedenkt, dass die WHO 6 zugesetzte Zuckerwürfel pro Tag empfiehlt (der natürliche Zuckeranteil in Lebensmittel ist dabei nicht relevant), schießt man hier ganz leicht über die Empfehlung hinaus.
1 Schokobonbon = 1 Zuckerwürfel
Wer isst nur 1 Schokobonbon? 😉
Vor allem Lebensmittel für Kinder werden oft mit der Aufschrift „mit natürlicher Süße aus Früchten“, „ohne Zusatz von Kristallzucker“ oder „mit natürlicher Fruchtsüße“ beworben.
Klingt gesund, ist es aber nicht!
Schaut man auf die Zutatenliste, dann stecken statt echten Früchten in den Produkten sehr oft Gemische aus Glucose und Fruktose.
Auch bei Aufschriften wie „weniger süß“, „light“, „Diät“ oder „weniger Zucker“ sollte man genauer hinsehen, da hier oft kräftig mit Fruktose gesüßt wird.
Der Höhepunkt waren jedoch die Gummibärchen. Hier ist es egal, ob es sich um „no name“ Produkte oder um Markengummi handelt, der Zuckergehalt ändert sich nicht.
°Rezepte demnächst hier am geniessetäglich Blog zu finden
Fazit
Industriezucker, der Stoff, der früher einmal als Heilmittel galt und in Apotheken verkauft wurde, ist im Rahmen einer gesunden Ernährung weitgehend überflüssig geworden.
Er liefert schnell Energie, hat aber sonst nicht viel zu bieten.
Keine Nährstoffe, keine Vitamine und Mineralien – nur leere Kalorien.
Wir Menschen brauchen von klein auf unverfälschte Lebensmittel!
In jedem natürlichen Lebensmittel sind neben dem natürlich vorhandenen Zucker, Vitamine, Ballaststoffe, Mineralien, Spurenelemente und eine Vielzahl von unterschiedlicher Stoffe enthalten. Diese Vitalstoffe braucht unser Körper, um den darin enthaltenen Zucker zu verstoffwechseln.
Das Hauptproblem liegt im versteckten Zucker in Lebensmittel, bei denen man nicht damit rechnet.
Softdrinks, Säfte, Soßen, Dips, Brotaufstriche, Konserven, Fertiggerichte und viele mehr, enthalten zum Teil große Mengen an Zucker. Deshalb ist es ratsam, dass du die Lupe auspackst und dich auf die Spuren des Nichtzuckerns begibst und vor allem, dass du anderen davon erzählst.
Gerne auch mit dem Verweis auf meine Homepage, darüber würde ich mich besonders freuen! 🙂
Nun wüsche ich dir viel Spaß als Zuckerdetektiv:in und freu mich wie immer auf Feedbacks.
Alles Liebe, bis bald
Deine Birgit Maria
Für alle die es genau wissen wollen….
** Das Wort „Nicht“-zuckern
Ohne Zucker können wir nicht leben.
Unser Körper, speziell unser Gehirn, Nebennieren und Erythrozyten, brauchen Zucker um zu funktionieren. Beispielsweise ist Glucose, also Traubenzucker, wichtig für viele Körperfunktionen und somit essentiell.
Um genügend davon aufzunehmen, müssen wir aber keine Süßigkeiten essen!
Auch Stärke, wie etwa aus Getreide, wird im Körper zu Glucose/Zucker umgewandelt. In Gemüse ist diese Art von Zucker ebenfalls zu finden.
Deshalb gibt es für mich kein Zuckerfrei, sondern nur einen Weg des sinnvollen Zuckerns und somit des „Nicht“-zuckerns.
*** Warum ich Zucker“FREI„ unter Anführungszeichen setze?
Mittlerweile hat sich das Wort „Zuckerfrei“ zu einem Modewort entwickelt. 2017 als ich für dieses Thema Feuer fing und in meiner Diplomarbeit behandelte, wurde ich teilweise dafür sehr belächelt.
Heute ist dieser Hashtag #zuckerfrei in fast allen sozialen Netzwerken zu finden.
Wenn man jedoch genauer hinsieht und sich mit dem Thema wirklich in der Tiefe auseinandergesetzt hat, muss man des Öfteren schmunzeln oder sich ärgern.
Je nachdem was in diesen Medien vermittelt wird.
Dies kann für den Leser teilweise sehr verwirrend und irreführend sein. Wenn man zum Beispiel ein Rezept mit Datteln süßt und dann zuckerfrei dazu schreibt, ist dies nicht die Wahrheit.
Natürlich ist es dann sinnvoller gesüßt als mit Industriezucker, aber mit einem sehr hohen Anteil an Fruktose keineswegs zuckerfrei!
Quellenverweis
(1) https://www.ages.at/themen/ernaehrung/who-zucker-empfehlungen/
(2) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/287859/umfrage/pro-kopf-konsum-von-zucker-in-oesterreich/